06.06.2024

CSRD – gar nicht so kompliziert … oder doch?

Die CSRD fordert umfassende Transparenz und stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihr Berichtswesen und Controlling auf ein neues Niveau zu heben – von der Datenanalyse bis zur tatsächlichen Umsetzung.

In meiner Rolle als Expertise Lead erhalte ich zurzeit viele Anfragen zum Thema CSRD-Berichterstattung. Zum einen von Softwareanbietern, die IT-Lösungen anpreisen, zum anderen von Unternehmen und Bestandskunden, die fragen: „CSRD? Worum geht es da? Wann sollen wir damit anfangen? Was passiert mit GRI – SDG – ESG? Was ist wirklich wichtig für uns?“ 

Berichterstattung über nicht-finanzielle Geschäftstätigkeiten

Das Thema beschäftigt viele. Mittlerweile auch weit mehr als die üblicherweise damit beauftragten Abteilungen wie Marketing und Kommunikation oder CSR. Nun sprechen auch Controlling, Finance und IT über Nachhaltigkeit. Das finde ich sehr erfreulich. 
Problematisch daran finde ich: Wir reden darüber, wie wir darüber (also über Nachhaltigkeit) reden. Durch die CSRD allein wird kein Unternehmen nachhaltiger. Gleichzeitig benötigt die Umsetzung der CSRD erhebliche Ressourcen, welche gerade im Mittelstand von anderen Maßnahmen abgeleitet werden. Tun wir damit das wirklich Notwendige in der von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Dekade der Implementierung“? 

Vom Was zum Wie

In den letzten Jahren haben wir bei Campana & Schott einige Prozesse zur Vorbereitung auf die CSRD-konforme Berichterstattung begleitet und interessante Effekte miterleben können. Im CSRD Readiness Check stellen wir die existierende Datengrundlage der CSRD-konformen gegenüber. Hier gibt es für viele ein plötzliches Erwachen. Man erschrickt in Anbetracht der neuen Berichtsanforderungen mit einem Umfang von bis zu 1200 potenziellen Datenpunkten. 
Also fokussieren sich viele auf die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. In der Theorie ist sie das Instrument zur Definition der Nachhaltigkeitsthemen, zu denen eine Unternehmung Angaben machen muss. In der Praxis hofft man damit auch ein bisschen, Berichtsaufwände einzugrenzen. Im Anschluss wird mit der Gap-Analyse überprüft, welche Datenpunkte bzw. Angabepflichten bereits vorhanden sind und wo neue Prozesse der Erhebung und Auswertung eingerichtet werden müssen. Beim darauffolgenden Schritt wird es, im Sinne der Nachhaltigkeit, wieder interessant. Denn die identifizierte Lücke zwischen Soll- und Ist-Zustand ist oft größer, als den Zuständigen lieb ist. Die Frage nach den dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen tut sich auf. 

Transparenz und mehr Nachhaltigkeit

Das Wunderbare an der CSRD und den damit einhergehenden Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (englisch: European Sustainability Reporting Standards, ESRS) ist, dass Maßnahmen eingefordert werden, die eine grundlegende Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmung unvermeidbar machen. Denn man muss sich zwangsläufig mit folgenden Fragen auseinandersetzen: 

  • Habt ihr einen Übergangsplan mit verbindlichen und monetär versehenen, konkreten Zielen im Einklang mit der Wissenschaft?  

  • Prüft ihr eure Lieferketten hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber klimabezogenen Risiken?  

  • Habt ihr Anreize für das Management geschaffen, die in Verbindung mit dem Erreichen der Nachhaltigkeitsziele stehen?  

  • Gab es Compliance-Verstöße und wie wurden diese aufgearbeitet?  


Gefordert werden keine Klimaziele im Einklang mit der Wissenschaft. Gefordert wird eine Aussage, ob man diese Ziele hat, und falls nicht, ob man plant, welche zu haben. Damit gelingt der Regulatorik, die nachhaltige Transformation ein bisschen voranzutreiben. Nun können die Verantwortlichen für Nachhaltigkeit und Berichterstattung Bezug auf die Anforderungen nehmen und dem Management u. a. vermitteln: „Für ESRS E1 Klimawandel wird erwartet, dass wir eine Aussage dazu machen, wie wir unsere Emissionen reduzieren und ob wir Grünstrom beziehen.“  

Die Erfüllung der Berichtspflichten ergänzt die nachhaltige Transformation

Werden die nach ESRS geforderten Pläne nicht nur erstellt, sondern gar umgesetzt, wäre ein Großteil der ESRS-Angabepflichten erfüllt. Damit allein ist zwar noch kein messbarer Beitrag für Umwelt oder Soziales erreicht. Aber wir wissen dann besser, wo wir stehen, was wir vorhaben und was bereits umgesetzt wurde. In der Theorie werden dadurch die nicht-finanziellen Angaben im Lagebericht vergleichbarer.
In diesem Sinne ist der gesamte Prozess der CSRD-Umsetzung ein die Nachhaltigkeit flankierender. Für mich ist klar, die CSRD ist die Wegebnung hin zu dem, was Unternehmen dann in die Realität übersetzen: nachhaltige Transformation, Dekarbonisierung, transparentes Berichten auf Basis eines effizienten Datenmanagements sowie das Schaffen einer Kultur – nicht nur im Unternehmen, sondern auch in der vor- und nachgelagerten Lieferkette. Es gibt viel zu tun und gerade für den Mittelstand muss es gelingen, die benötigten Ressourcen für das Berichtswesen im Rahmen zu halten.

Autor

Frank Helbig

Expertise Lead Sustainability