Doch wer das OKR-Konzept als Standardlösung streng nach Vorschrift umsetzt, wird sehr wahrscheinlich scheitern – das hat die Praxis gezeigt. Insbesondere bei langjährig etablierten Unternehmen mit existierenden Managementsystemen ist ein striktes Festhalten an Doerrs Buch oder anderen standardisierten OKR-Rahmenwerken nicht zielführend. Entsprechende Beratungsansätze sind mit Vorsicht zu genießen.
Erfolgsversprechender ist es, das OKR-Framework an die individuellen Anforderungen anzupassen, denn viele etablierte Unternehmen stehen vor folgenden Herausforderungen:
- Sie beginnen nicht auf der grünen Wiese, so dass sich OKRs nicht von Anfang an unternehmensweit und unabhängig von anderen Zielsetzungssystemen einführen lassen. In vielen Unternehmen gibt es beispielsweise bereits Performance-Management-Systeme mit variablen Gehaltsanteilen, die berücksichtigt werden müssen.
- Insbesondere in Konzernen ist der interne Einigungs- und Abstimmungsprozess deutlich aufwändiger als in Start-ups und umfasst viel mehr Personen und Unternehmensebenen.
- Eine umfassende Transparenz ist in Deutschland immer noch nicht üblich, auch viele Arbeitnehmervertretungen und Betriebsräte schrecken davor zurück.
- Die Denkweise und der Mut, mit Hilfe von OKRs Ressourcen gezielt auf bestimmte Themen zu fokussieren und dafür andere Projekte nicht weiterzuverfolgen oder diese zu vertagen, ist in Start-ups ausgeprägter als in Großkonzernen.
Die Erfahrung aus zahlreichen Projekten zeigt: OKRs dienen zwar als Mittel zur Strategieumsetzung. Aber in erster Linie ist es ein „Kommunikationsinstrument“, eine gemeinsame Denkweise und Sprache, die Menschen in Organisationen dazu befähigen, gemeinsam Ziele und Ergebnisse zu erreichen. Am Ende hat die Einführung eines Managementframeworks, wie OKRs, eine starke Wirkung auf die Unternehmenskultur. Mit allen Chancen, aber auch Herausforderungen. Mit entsprechendem Respekt und Ernsthaftigkeit sollte sie betrachtet werden.
Dabei funktioniert das Konzept ähnlich wie agiles Projektmanagement, nur auf Managementebene. Es gibt Kernziele, die erreicht werden sollen, jedoch sind regelmäßige Anpassungen durch das gesamte Team an die Realität innerhalb und außerhalb der Organisation notwendig. Nur dann kann das Framework seinen Mehrwert entfalten, wird akzeptiert und somit zukunftsfähig.