11.07.2023

Digitale Transformation vollenden – Frontline Worker einbinden

Unternehmen sollten sichere digitale Anwendungen und Arbeitsplätze auch für Frontline Worker einführen, um firmeneigene Informationen zu schützen und einen gemeinsamen digitalen Arbeitsplatz für alle Mitarbeitenden zu schaffen.

Viele Unternehmen haben digitale Arbeitsplätze eingeführt – aber nur für Information Worker. Dagegen fühlen sich Frontline Worker oft vernachlässigt und von Informationen, Kommunikation oder Prozessen abgeschnitten. Unternehmen erleiden dadurch Nachteile wie Produktivitätsverlust durch Medienbrüche, unzufriedene Belegschaft und hohes Fluktuationsrisiko sowie geringeren Mehrwert des digitalen Arbeitsplatzes. Mit geeigneten Massnahmen und praktischen Mitarbeiter-Apps lassen sich Frontline Worker digital einbinden. Doch dabei ist einiges zu beachten.
 

Wer vor Corona im Büro einen Schreibtisch hatte, kann heute überall auf der Welt arbeiten. Doch wer im Lager, in der Produktion oder im direkten Kundenkontakt steht, muss für einen Blick auf den Kantinenplan oder das Schwarze Brett immer noch quer durch das Werk laufen. Frontline Worker reichen oft Urlaubsanträge weiterhin auf Papier ein und sprechen sich für den Tausch von Schichten persönlich oder per WhatsApp ab. Doch das Tool für Privatpersonen bietet keine enterprisefähigen Funktionen oder hohe Sicherheit. 
Unternehmen sollten sichere digitale Anwendungen und Arbeitsplätze auch für Frontline Worker einführen, um firmeneigene Informationen zu schützen und einen gemeinsamen digitalen Arbeitsplatz für alle Mitarbeitenden zu schaffen. Doch wie soll das in der Praxis geschehen? Auf Basis der Erfahrung aus vielen Projekten bietet sich ein Vorgehen in folgenden Schritten an, wie dieser Artikel zeigt.
 

Das eigentliche Problem erkennen

Statt des Löschens einzelner Brandherde empfiehlt es sich, einen Schritt zurückzugehen, einen ganzheitlichen Blick auf die Situation der Frontline Worker zu werfen und dann zu entscheiden, wie man darauf reagiert. Dabei sind die Rollen und deren Bedürfnisse zu identifizieren sowie nach möglichen Auswirkungen zu priorisieren. Anschliessend müssen die Lösungsmöglichkeiten zur Digitalisierung in verschiedenen Bereichen erarbeitet werden (s. Abb. 1).

Zunächst sollten Unternehmen mit kleinen, überschaubaren Digitalisierungsszenarien, den so genannten low-hanging fruits, beginnen. Prinzipiell sind die Grundbedürfnisse nach Kommunikation, Zusammenarbeit und Organisation branchen- und rollenübergreifend sehr ähnlich. Somit kann mit geringem Risiko direkt damit gestartet werden, zum Beispiel mit dem Ausspielen von Unternehmensnachrichten für alle Mitarbeiter:innen. Dieses Projekt lässt sich dann sukzessive bis hin zur vollständigen Digitalisierung der Arbeitsprozesse ausbauen (s. Abb. 2). 

Welche technische Grundlage eignet sich?

Gerade die Zukunftsfähigkeit und Skalierbarkeit der Lösungen sollten Unternehmen von Anfang an betrachten. Denn eines ist klar: Schnellschüsse und Einzelprodukte haben auf Dauer keinen Bestand, da sich Anforderungen ändern, die Digitalisierung weiter voranschreitet und jede unabhängige App den Management-Aufwand erhöht. Entsprechend sind zwar einfach nutzbare, aber gleichzeitig auch umfassende Unternehmenslösungen gefragt, welche die Vorgaben zu Security und Compliance einhalten. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:

  • Device-Strategie: Unternehmen müssen entscheiden, mit welchen Geräten die Frontline Worker auf relevante Informationen und Applikationen zugreifen können. Hier gibt es drei Alternativen: gemeinsam genutzte firmeneigene Geräte (Shared Devices und Kiosk-PCs), persönlich nutzbare firmeneigene Geräte oder private Geräte (BYOD, Bring Your Own Device).
  • Security und Identity: Häufig besitzen Frontline Worker keine eigenen personalisierten Zugänge im Unternehmen und greifen über gemeinsam genutzte Konten (Shared Accounts) auf Anwendungen und Informationen zu. Bei modernen Arbeitsplatzkonzepten ist es jedoch notwendig, auch für Frontline Worker personalisierte Anmeldeinformationen bereitzustellen.
  • Compliance und Betriebsrat: Aus Compliance-Sicht ist zu klären, wie Daten und Informationen sicher mit Frontline Workern geteilt werden oder was bei einer dezentralen Erstellung und Verwaltung von Identitäten zu beachten ist. Szenarien wie der Einsatz privater Geräte für den Zugriff auf Unternehmensdaten oder die Erstellung neuer Identitäten erfordern in jedem Fall eine Abstimmung mit dem Betriebsrat.

Mehr über die technischen Grundlagen zur digitalen Einbindung von Frontline Workern und konkrete Best Practices gibt es in diesem Artikel.

Warum ist die Digitalisierung nötig?

Nun sind mit einem ganzheitlichen Blick auf die Situation der Frontline Worker die richtigen Use Cases top-down auszuwählen. Dabei werden interaktiv in Workshops die Ausgangslage, die Rollen der Frontline Worker, ihr Umfeld, ihre Pain Points und Bedarfe konkret ermittelt. Dann ist detailliert zu betrachten, WO und WARUM die Szenarien auftreten. Dies lässt sich anhand von vier Punkten identifizieren, die später bei der Use-Case-Betrachtung wieder aufgegriffen werden:

  • Kommunikation
  • Information
  • Zusammenarbeit
  • (Selbst-)Organisation
     
Wer ist einzubinden?

Anschliessend geht es um das Thema WER: Welche Frontline Worker sind betroffen und welche mit ihnen interagierenden Rollen müssen berücksichtigt werden? Hier sind bei Bedarf neben den betroffenen Fachabteilungen auch HR und IT frühzeitig einzubinden. Dabei ist zu klären, welche Störfaktoren und Hemmnisse genau existieren, welche technische Ausstattung vorliegt und welche Routinen regelmässig zu Unmut führen.
 

Was ist die Lösung?

Danach ist das WAS zu analysieren: Im Idealfall ermittelt ein erfahrener, externer Partner gemeinsam mit wichtigen Vertretern aus allen entsprechenden Bereichen des Unternehmens die Use Cases im Vierklang Kommunikation, Information, Zusammenarbeit und (Selbst-)Organisation. Klassische Use Cases sind hier: Abstimmungen zwischen Personen, im Team, in einer Gruppe oder in der Linie (Kommunikation), Unternehmensnachrichten (Information), Schichtplan, Weiterbildung oder Urlaubsantrag (Organisation) sowie komplexe Abläufe innerhalb eines Produktionsprozesses oder Projekts (Zusammenarbeit).

  • Wie eine schnelle und zielgerichtete digitale Kommunikation bei Frontline Workern gelingt, stellt dieser Artikel dar. Er geht insbesondere auf die Kommunikation innerhalb von Prozessen ein und zeigt konkrete Beispiele: Nachrichten an spezifische Nutzergruppen senden, Einsatz-Kommunikation bei Unfällen, Produktionsinformationen für alle Beteiligten und standortübergreifende Problemlösungen.
  • Wie sich die Fertigung auf neue Bauteile oder andere Zulieferer einfach umstellen lässt, erklärt dieser Artikel. Statt umfangreicher Freigabeprozesse können die zuständigen Fachkräfte und Frontline Worker in modernen Apps schnell ihre Genehmigungen erteilen, damit die Produktion weiterläuft.
  • Wie Frontline Worker mit Microsoft Teams effizient und nachhaltig Fahrten, Hotelbuchungen, Besprechungen oder das Mitbringen von Kleinteilen für Baustellen organisieren können, beschreibt dieser Artikel. Apps zeigen auf einen Blick den Fahrtweg, die anwesenden Ansprechpartner:innen, Sicherheitsregelungen oder nötige Schulungen.
     
Wie ist das umzusetzen?

Ein wichtiger Punkt ist das Mitnehmen aller Beteiligten – von Anfang an. Dabei macht das WIE den Unterschied. Denn beim Adoption & Change Management für Frontline Worker gibt es völlig andere Herausforderungen, Widerstände, Arbeitsmethoden oder Digitalisierungsniveaus als bei Information Workern.

Je nach Reifegrad des Unternehmens empfehlen sich unterschiedliche Massnahmen. Doch es ist immer eine nutzenorientierte Kommunikation zu wählen, die aus Sicht der Mitarbeiter:innen darstellt, wie ihnen die neue Technologie konkret hilft. Zudem sollte die Belegschaft die Möglichkeit erhalten, sich an Workshops, Interviews oder Work Shadowing zu beteiligen und damit selbst aktiv Teil des Changes zu werden.
 

Teams oder nicht Teams?

Für die Apps bietet sich in der Regel Microsoft 365 als Plattform an, da sie bei den Information Workern im Unternehmen ohnehin schon zum Einsatz kommt – und auch bei vielen Frontline-Arbeitsplätzen. Standard-Tools wie Teams, SharePoint und Yammer können bereits zahlreiche Use Cases unterstützen. So müssen Unternehmen das Rad nicht neu erfinden, sondern können mit einer bewährten Plattform für eine hohe Employee Experience sorgen.

Microsoft Teams bietet dafür zahlreiche Funktionen, die zwar nicht immer für alle Use Cases nötig sind. Doch Unternehmen sollten bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, dass mit zunehmender Digitalisierung auch bei Frontline Workern ständig neue Nutzungsszenarien hinzukommen und die Anforderungen steigen. Statt Einzellösungen bietet Microsoft Teams eine einheitliche Plattform, die auch in Zukunft alle Use Cases abdecken kann.

So sollten Unternehmen bei ihrer strategischen Entscheidung auch die Flexibilität, Zukunftssicherheit, Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit der Plattform berücksichtigen. Mit Teams ist zwar etwas mehr Change Management nötig, aber dafür steigt der IT-Management-Aufwand nicht ins Unermessliche, wie bei immer mehr Einzellösungen. Teams bietet damit die ideale Plattform für die digitale Transformation – ob bei Information oder Frontline Workern.
 

Fazit

Die digitale Einbindung der Frontline Worker ist ganzheitlich zu betrachten. Dabei sollten Unternehmen low-hanging fruits für Pilotprojekte auswählen, die geeignete Technik einführen, effiziente Prozesse ausrollen und dies mit gezielten Adoption-Massnahmen begleiten. Dann profitieren alle Mitarbeiter:innen von der Digitalisierung.

Autor

Ingo Meironke

Innovation Manager & Co-Lead Future Operations

Weiterführende Inhalte

Frontline Worker
Digital Workplace
Microsoft Teams