05.02.2025

KI für Unternehmen: Vom Hype zur echten Wertschöpfung.

Generative KI (GenAI) verändert den Arbeitsalltag. Doch wie wird aus dem Hype ein nachhaltiger Nutzen für Unternehmen? Unser Interview gibt Antworten.

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt grundlegend. Unternehmen suchen nach Wegen, KI nicht nur als unterstützendes Tool zur Steigerung der persönlichen Produktivität zu nutzen, sondern als echten organisationsübergreifenden Effizienz- und Innovations-Booster. Campana & Schott hat bereits über 125 Microsoft Copilot-Projekte bei mehr als 100 Kunden begleitet und setzt KI auch intern gezielt ein.

Wie haben sich die Marktanforderungen verändert? Welche Stolpersteine sollten Unternehmen bei ihrer AI Transformation vermeiden? Und wie lässt sich KI sinnvoll in den Arbeitsalltag integrieren? 

Lesen Sie dazu die Einschätzungen von Marco Heid, Principal | Head of Content & Collaboration, und Boris Ovcak, Partner | Practice Division Head Transformation of Work. 

CS: Wer eine Technologie überzeugend vermitteln will, muss sie selbst beherrschen – oder anders gesagt: Was man selbst nicht kennt, kann man nicht glaubwürdig vertreten. Steigen wir darum gleich mal mit einer praktischen Frage ein: Nutzt ihr selbst GenAI-Tools im Arbeitsalltag?

Boris Ovcak: Ja, auf jeden Fall. In meinem Fall, beziehungsweise firmenübergreifend bei CS, ist es u.a. der Microsoft 365 Copilot. GenAI-Tools sind aus meinem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Zwei einfache, aber unglaublich wertvolle Anwendungen erleichtern meine tägliche Arbeit enorm. Erstens: die automatisch generierten Besprechungsnotizen. Sie sind besonders hilfreich, wenn ich an einer Besprechung nicht teilnehmen konnte. Ich bekomme eine kompakte Zusammenfassung, kann wichtige Punkte schnell erfassen und bei Bedarf die Aufzeichnung noch einmal durchgehen. Früher musste ich Kollegen nach Details fragen oder mir Notizen schicken lassen. Zweitens: Die Möglichkeit, vor Kundenterminen schnell relevante Informationen abzurufen. Mit einem einfachen Befehl wie „Zeige mir alle relevanten Geschäftsinformationen zu Kunde X“ spare ich viel Zeit bei der Vorbereitung.

Marco Heid: Ja, ich nutze u.a. Copilot ebenfalls intensiv. Die Meeting-Zusammenfassungen sind ein großer Effizienzgewinn. Besonders hilfreich finde ich aber auch die KI-gestützte Entwurfs- und Coaching-Funktion in MS Outlook. Gerade wenn ich in einer Fremdsprache schreibe, hilft mir Copilot, meine Kommunikation zu verfeinern. Das verbessert die Qualität, zeigt Wertschätzung gegenüber Kunden und macht mich langfristig sicherer im Schreiben. Zudem nutze ich KI bei der Vorbereitung von Workshops – zum Beispiel für Tagesordnungen oder zur Strukturierung von Inhalten aus früheren Projekten.

 

CS: Blicken wir auf Campana & Schott. Wir begleiten als Technologieberatung nicht nur Kunden bei der Einführung von Microsoft Copilot, sondern haben auch die interne Nutzung in unserem Unternehmen aktiv vorangetrieben. Wie erfolgte die Einführung, welche Herausforderungen gab es und welche Erfahrungen konnten wir dabei sammeln?

Boris Ovcak: Der bewusste Einsatz von GenAI war für uns eine strategische Entscheidung. Unser Ziel war es, Prozesse effizienter zu gestalten, die Qualität unserer Arbeit zu steigern und administrative Aufgaben zu reduzieren. Gleichzeitig wollten wir aus erster Hand erfahren, wie sich GenAI-Anwendungen und der Copilot im Arbeitsalltag bewährt, um dieses Wissen in unsere Beratungsprojekte einfließen zu lassen.

Marco Heid: Wir haben den Prozess ähnlich wie bei unseren Kunden strukturiert: Zunächst haben wir die technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, dann mit einer Pilotgruppe getestet und schließlich die Skalierung vorangetrieben. Heute sind fast 80 % unserer Mitarbeitenden durch ein umfassendes Enablement-Programm mit Schulungen und Communities mit der GenAI-Technologie Copilot vertraut.  

Die größte Herausforderung bestand darin, die unterschiedlichen Interessen auszubalancieren: Viele wollten so früh wie möglich eine Lizenz und waren ungeduldig, während wir gleichzeitig sicherstellen mussten, dass alle Governance- und Compliance-Vorgaben eingehalten werden. Dank Transparenz und einem strukturierten Projektansatz haben wir diese Balance erfolgreich gemeistert.

 

CS: Und wie ist das Ergebnis: Würdet ihr sagen, dass GenAI den Arbeitsalltag bei Campana & Schott positiv verändert hat?

Marco Heid: Wir sehen eine hohe Akzeptanz in unserer Organisation. Copilot hat unsere Kundenkommunikation in Vertrieb und Beratung spürbar beschleunigt und vereinfacht. Die Technologie unterstützt uns dabei, Konzepte in unseren Serviceleistungen zu verbessern, und erleichtert die Vor- und Nachbereitung von Meetings – um nur einige Beispiele zu nennen.

CS: Die Entwicklungen im KI-Bereich schreiten rasant voran. Das spürt ihr in eurem Arbeitsalltag sicherlich besonders. Wenn ihr auf das vergangene Jahr zurückblickt: Wie hat sich hier die Zusammenarbeit mit unseren Kunden verändert?

Boris Ovcak: Die Marktdynamik der letzten 12-14 Monate ist beispiellos – fast noch größer als der plötzliche Boom rund um Remote Work während der Pandemie. Vor einem Jahr ging es vor allem um Pilotprojekte, erste Governance-Maßnahmen und Proof of Concepts. Heute stehen Unternehmen vor der Herausforderung, GenAI und Copilot in die Breite zu skalieren. Der Fokus hat sich verlagert: Weg von der reinen Zeitersparnis, hin zu echten, messbaren Geschäftseffekten. Dazu müssen KI-Lösungen stärker in die operativen Prozesse eingebettet werden.

Marco Heid: Ich denke, am Anfang waren viele Unternehmen noch dabei, die Grundlagen zu verstehen und erste Experimente mit Generativer KI zu machen. Mittlerweile haben wir es mit ausgereiften Implementierungsprojekten zu tun. Die Diskussionen drehen sich weniger um die Frage „Was kann eigentlicher dieser Copilot“ und mehr um die Frage „Wie kann Copilot unsere Kernprozesse transformieren“. Viele Kunden sehen KI-Lösungen nicht mehr nur als reine Produktivitätstools, sondern als strategische Ressource für Innovation und Effizienz.

 

CS: Viele Unternehmen haben GenAI mittlerweile in kleinen Pilotprojekten getestet und erste Effekte – insbesondere in Bezug auf die von euch angesprochene Zeitersparnis bei einzelnen Mitarbeitenden – festgestellt. Doch der nächste Schritt, die Lösung unternehmensweit zu etablieren und für echte Geschäftseffekte zu nutzen, lässt viele zögern. Woran liegt das?

Marco Heid: Der Wendepunkt kommt meist dann, wenn Unternehmen konkrete, messbare Vorteile erkennen, die mit ihren strategischen Zielen übereinstimmen. Ein gutes Beispiel ist ein großes Finanzdienstleistungsunternehmen, das mit einem kleinen Pilotprojekt rund um Microsoft Copilot begonnen hat. Eine detaillierte Business Value Analyse zeigte, dass die Technologie nicht nur Zeit einspart, sondern vor allem Prozesse spürbar verbessert.

Dank des effizienteren Zugriffs auf relevante Informationen konnten die Mitarbeitenden fundiertere Entscheidungen treffen, was beispielsweise die Kundenansprache im Vertrieb optimierte und die Abschlussquote erhöhte. Gleichzeitig beschleunigte Copilot die Bearbeitung von Anfragen, sodass mehr Kunden ohne zusätzliche Ressourcen betreut werden konnten. Der messbare ROI überzeugte das Unternehmen schließlich, Copilot unternehmensweit auszurollen.

Der Schlüssel zur erfolgreichen Skalierung liegt also nicht nur in der Zeitersparnis einzelner Mitarbeitender, sondern darin, den Mehrwert für das gesamte Unternehmen sichtbar zu machen und KI-Anwendungen gezielt in bestehende Prozesse zu integrieren.

CS: Mit über 125 Copilot-Projekten bei 100 Kunden habt ihr eine enorme Bandbreite an Erfahrungen gesammelt – und dabei sicherlich nicht nur reibungslose Implementierungen erlebt. Was sind aus eurer Sicht die größten Herausforderungen und typische Stolpersteine?

Boris Ovcak: Copilot ist letztlich nur eine Technologie. Wird sie ohne begleitende Change-Management-Maßnahmen eingeführt, bleibt ihr Erfolg oft aus. Es braucht klare Leitlinien und Veränderungsmaßnahmen, damit Mitarbeitende wissen, wann und wie sie Copilot sinnvoll einsetzen können. Ohne diese Unterstützung bleibt das Potenzial oft ungenutzt.

Ein entscheidender Faktor ist das Thema User Enablement. Viele Unternehmen unterschätzen, wie wichtig klare Handlungsanweisungen für die effiziente Nutzung neuer Tools sind. Wir empfehlen daher dedizierte Adoptionsprogramme mit Schulungen und Supportstrukturen, um eine nachhaltige Integration zu gewährleisten. Gleichzeitig müssen die Erwartungen realistisch bleiben. Copilot ist kein magisches Tool, das alle Probleme löst, sondern muss gezielt in Prozesse integriert werden.

Marco Heid: Ein weiterer kritischer Faktor ist die Einhaltung regulatorischer und rechtlicher Rahmenbedingungen. Insbesondere Compliance, Mitbestimmung und Datenschutz stellen hohe Anforderungen an den Einsatz von GenAI.

Daher ist es essenziell, den Betriebsrat frühzeitig einzubeziehen und gemeinsam einen klaren Einsatzrahmen für GenAI-Tools wie Copilot zu definieren. Gleichzeitig müssen organisatorische und technische Maßnahmen sichergestellt werden, um die Anforderungen des EU AI Act zu erfüllen – beispielsweise durch die sichere Verarbeitung sensibler oder schützenswerter Daten. Nur wenn Unternehmen diese Aspekte proaktiv angehen, können sie das Potenzial von KI voll ausschöpfen und langfristig erfolgreich nutzen.

 

CS: Werfen wir abschließend noch ein Blick nach vorne: Welche Potenziale seht ihr für Unternehmen, die Copilot in den nächsten 6-12 Monaten weiter ausbauen?

Boris Ovcak: Ich denke, zwei Entwicklungen stehen besonders im Fokus. Erstens die Integration weiterer GenAI -Anwendungen in eine zentrale Copilot-Plattform, sodass Nutzer:innen eine einheitliche und reibungslose Erfahrung haben. Zweitens die Möglichkeit, dass Power-User eigene Copilot-Agenten für spezifische Aufgaben erstellen können. Das Interesse an dieser individuellen Anpassung ist enorm und könnte der nächste große Schritt für Unternehmen sein.

Marco Heid: Besonders großes Potenzial sehen wir auch für Frontline Worker in Produktion, Service und Vertrieb. Nachdem viele Office-Mitarbeitende bereits mit generativer KI wie Copilot arbeiten, bietet Copilot Chat nun eine niederschwellige und datenschutzkonforme Möglichkeit, auch weitere Mitarbeitende einzubinden – ohne teure Lizenzen und mit voller Datenschutzkonformität.

Frontline Worker können beispielsweise über KI-gestützte Agents in natürlicher Sprache auf relevante Informationen zugreifen, etwa zu Lagerbeständen, Prozessabläufen oder technischen Handbüchern. Zudem lassen sich Workflows effizient steuern, wodurch operative Prozesse beschleunigt und alltägliche Aufgaben erleichtert werden. Generative KI eröffnet damit neue Möglichkeiten, um Arbeitsabläufe zu optimieren und den Zugang zu Wissen in Echtzeit zu verbessern.

Haben Sie Fragen zur Einführung von GenAI oder Microsoft Copilot im Speziellen in Ihrem Unternehmen? Oder möchte Sie sich austauschen zu Themen rund um Ihre AI Transformation

Fragen Sie uns gerne an.

Kontakt

Boris Ovcak

Partner | Modern Work

Marco Heid

Principal | Head of Content & Collaboration