28.10.2024

Lean-Adaptive Projektportfoliomanagement.

Wie Prinzipienorientierung zu erfolgreichem Projektportfoliomanagement beitragen kann.

Unternehmen sehen sich derzeit zahlreichen globalen Trends und Herausforderungen gegenüber, darunter Digitalisierung, künstliche Intelligenz sowie ein verstärkter Fokus auf ökologische und soziale Verantwortung. Hinzu kommen globale Krisen wie die Corona-Pandemie und der anhaltende Russland-Ukraine-Konflikt, die eindrucksvoll zeigen, wie rasch sich vermeintlich stabile Marktverhältnisse verändern können. In diesem unsicheren und komplexen Umfeld steigen die Anforderungen an die Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit der Marktakteure.  

Diese Bedingungen erschweren die Planung und Steuerung von Projekten erheblich, insbesondere die übergreifende Koordination und Steuerung ganzer Projektlandschaften. Zu strenge Regeln und langfristige Budgets können dabei hinderlich oder sogar kontraproduktiv sein. Daher erfordert das Projektportfoliomanagement (PPM) mehr Dynamik, Flexibilität und schnellere Reaktionszeiten. Um besser auf diese Veränderungen zu reagieren und wettbewerbsfähig zu bleiben, ist eine neue, flexiblere Herangehensweise im PPM nötig. Es bietet sich an, agile Methoden und traditionelle Ansätze zu kombinieren sowie Lean-Prinzipien einzuführen, ähnlich wie es im Einzelprojektmanagement gemacht wird.

Gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Claus Hüsselmann, einem Experten für Projekt- und Prozessmanagement, habe ich intensiv an diesem Thema gearbeitet. Dabei ist ein Kanon von Prinzipien entstanden, der dazu beitragen soll, das Projektportfoliomanagement effizienter und agiler zu gestalten. Zur Entwicklung dieser Prinzipien wurden zahlreiche Anwender:innenberichte und bekannte Best Practices analysiert, die als Grundlage dienten. Die Kernprinzipien wurden ausgewählt, indem die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Ziele berücksichtigt wurden, die mit diesen Prinzipien erreicht werden sollen. Im Mittelpunkt steht die Vermeidung von Verschwendung durch Fokussierung auf Wertschöpfung. Zu diesem Zweck wurden sieben Kernprinzipien formuliert, die zusammen eine Lean-Adaptive Philosophie bilden. 

Die Prinzipien der Lean-Adaptive Philosophie

Um die Prinzipien in der Praxis umzusetzen, sind entsprechende Methoden und Praktiken erforderlich. Im Folgenden werden die Kernprinzipien erläutert und mit Beispielen für die praktische Umsetzung versehen. Eine ausführliche Beschreibung der vorgestellten Methoden wird in zukünftigen Beiträgen erfolgen. Bleiben Sie dran!

Die Prinzipien mit weiteren Details und Anwendungshinweisen sowie ein gesamtheitliches prozess- und prinzipienorientiertes Referenzmodell finden sich in dem kürzlich erschienenen Buch von Dr. Claus Hüsselmann:  

Name: Lean-Adaptive Project Portfolio Management - Ein prozess- und prinzipienorientiertes Referenzmodell (Autor: Claus Hüsselmann, Verlag: Schäffer-Poeschel, ISBN 978-3-7910-5934-1) 

Strategieorientierung: Wozu sollte eine (Projekt-)Dienstleistung erbracht werden?

Strategieorientierung: Wozu sollte eine (Projekt-)Dienstleistung erbracht werden?

Der Grundsatz der Strategieorientierung besagt, dass nur Projekte durchgeführt werden sollten, die zur Unternehmens- und PPM-Strategie passen. Das bedeutet, dass die Umsetzung der PPM-Komponenten mit der zuvor festgelegten Strategie übereinstimmen muss. So wird verhindert, dass im PPM Projekte genehmigt werden, die zwar kurzfristig profitabel sind, aber langfristig keinen echten Mehrwert für das Unternehmen bieten.

Durch die konsequente Berücksichtigung der Strategie bei der Auswahl und Durchführung der richtigen Projekte kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen nachhaltig und langfristig erfolgreich bleibt.

Beispiele für die praktische Umsetzung der Strategieorientierung sind Scoring-Modelle zur Priorisierung und Auswahl von Projekten sowie eine klare Nutzen- und Ergebnisorientierung. Eine ausführlichere Beschreibung dieser Methoden wird in einem späteren Blog-Artikel folgen. Bleiben Sie dran! 

Kundenorientierung: Wer ist der (Prozess-)Kunde?

Kundenorientierung: Wer ist der (Prozess-)Kunde?

Das Prinzip der Kundenorientierung konzentriert sich darauf, die eigenen Kunden gut zu verstehen und die angebotenen Lösungen auf deren Nutzen auszurichten. Kunden sind dabei alle, die Leistungen aus dem Projektportfolio erhalten, den Leistungsprozess anstoßen und die Akzeptanz des Portfolios beeinflussen.

Alle Aktivitäten sollten sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren, die sowohl extern als auch intern sein können. Ein zentrales Ziel dieses Prinzips ist der Aufbau langfristiger und stabiler Kundenbeziehungen. Um dies zu erreichen, werden die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden regelmäßig erfasst und analysiert, sodass das eigene Handeln entsprechend angepasst werden kann.

Beispiele für Methoden, die das Prinzip der Kundenorientierung unterstützen, sind User Stories und Design Thinking, um die Bedürfnisse der Nutzer:innen präzise zu erfassen und die Anforderungen an das Projekt entsprechend zu definieren.  

Prozessorientierung: Wie wird die Leistung erbracht?

Prozessorientierung: Wie wird die Leistung erbracht?

Die Prozessorientierung betont, dass die Handlungen des Unternehmens und die Prozesse auf Wertschöpfung ausgerichtet sein müssen. Wertschöpfung umfasst alle Aktivitäten, die den Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung im Interesse des (Prozess-) Kunden erhöhen.

Ziel ist es, in der Prozessabwicklung „zu fließen“, Stagnation zu vermeiden und übermäßige Verzögerungen zu verhindern. Die Umsetzung der Prozessorientierung erfordert Teamarbeit und das Delegieren von Verantwortung. Es geht nicht darum, das „Wie?“ der Arbeit zu kontrollieren, sondern alle Arbeitsabläufe auf die Wertschöpfung und die damit verbundenen Wertströme auszurichten.

Beispiele für die Umsetzung der Prozessorientierung sind Methoden wie Portfolio-Kanban sowie ganzheitliche produkt- und Value-Stream-orientierte Organisationen. Diese Ansätze helfen dabei, dass jeder Schritt im Prozess zur Wertschöpfung beiträgt. 

Engpassorientierung: Was begrenzt den Durchsatz?

Engpassorientierung: Was begrenzt den Durchsatz?

Jeder Leistungserstellungsprozess hat einen Engpass, der den Durchsatz und somit die Gesamtleistung einschränkt. Bei der Engpassorientierung liegt der Fokus darauf, Multitasking zu vermeiden, die Arbeitslast zu nivellieren und Freiräume zu schaffen – insbesondere durch die Begrenzung von Work-in-Progress (WiP).

Zu viel Multitasking hat negative Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg.

Beispiele für das Prinzip der Engpassorientierung sind die Festlegung von WIP-Limits und das Einplanen von zeitlichen Puffern nach Projekten, um Engpässe zunächst zu identifizieren und anschließend zu vermeiden und so die Effizienz zu steigern. 

Adaptivität: Welchen Ansatz erfordert der Kontext des Systems?

Adaptivität: Welchen Ansatz erfordert der Kontext des Systems?

Das Prinzip der Adaptivität erlaubt es, das System, die Planung und die Methoden an die jeweilige Situation anzupassen. Im Rahmen des PPM-Systems ist es entscheidend, dass der Prozess „Check → Do“ regelmäßig wiederholt wird. Das bedeutet, dass die PPM-Strategie nicht dauerhaft festgelegt ist, sondern sich flexibel an neue Anforderungen anpassen kann.

Auch die Entscheidungen zur Durchführung von Projekten sollten so getroffen werden, dass sie die Anpassungsfähigkeit nicht unnötig einschränken. Sie sollten Gestaltungsspielräume für neue Projekte, geänderte Rahmenbedingungen oder neu erlangtes Wissen offenhalten.

Beispiele für Adaptivität sind rollierende Planung in Portfoliosprints und regelmäßiger Austausch. Rollierende Planung ermöglicht es, Pläne fortlaufend zu aktualisieren und anzupassen, während regelmäßiger Austausch im Team sicherstellt, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind und flexibel auf Veränderungen reagieren können. 

Minimalität: Wie erreicht die Dienstleistung (bereits) ihren Nutzen?

Minimalität: Wie erreicht die Dienstleistung (bereits) ihren Nutzen?

Das Minimalprinzip beschränkt Nebentätigkeiten im PPM-Kontext. Es fördert den Gedanken „small is beautiful“, indem Projektgrößen, Artefakte und Produkte so weit wie möglich reduziert werden, ohne den Kundennutzen zu beeinträchtigen. Dadurch werden PPM-Prozesse leichter handhabbar und das Kosten-Nutzen-Verhältnis verbessert.

Beispiele für Minimalität sind kleine Projekte und die Priorisierungsmethode WSJF (Weighted Shortest Job First). Die Idee: Kleine Projekte haben geringere Komplexität und Umfang, was eine schnelle Umsetzung ermöglicht und Teams erlaubt, flexibel auf Änderungen zu reagieren.  

Menschenorientierung: Wer wird die Projektarbeit leisten?

Menschenorientierung: Wer wird die Projektarbeit leisten?

Die Mitarbeitenden sind das Rückgrat jedes Unternehmens. Ihre Kreativität, Innovation, Zusammenarbeit und Engagement sind entscheidend für den Erfolg der Organisation. Daher sind die Bedürfnisse, Fähigkeiten, Motivationen und das Wohlbefinden der Menschen, die im System arbeiten oder damit interagieren, von großer Bedeutung.

Indem der Mensch in den Mittelpunkt gestellt wird, entsteht ein Umfeld, in dem er sich wertgeschätzt und unterstützt fühlt. Die Menschenorientierung erfordert, dass die Mitarbeitenden immer im Zentrum des PPM-Systems stehen. Wird diese menschliche Dimension vernachlässigt und der Fokus zu sehr auf strenge Vorschriften und Prozesse gelegt, kann das System weniger belastbar oder sogar instabil werden, was zu Fluktuation und Misserfolg führt.

Beispiele, die Menschenorientierung unterstützen, sind eine Bottom-up-Strategiebildung und Partizipation, zum Beispiel bei der Budgetplanung, um die Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, was deren Engagement und Akzeptanz erhöht.  

Die Umsetzung der Prinzipien kann schrittweise erfolgen. Zunächst können leicht und schnell umsetzbare Methoden, Tools und Praktiken eingeführt werden. Diese ersten Schritte bieten schnelle Erfolge und helfen, das Engagement zu fördern und das Verständnis für die Prinzipien zu erhöhen. Darüber hinaus können auch umfangreichere organisatorische Transformationen realisiert werden, wie beispielsweise die Einführung einer wertstrombasierten Organisation. Wir von Campana & Schott unterstützen Sie sowohl bei den ersten Schritten als auch bei umfassenden Transformationsprozessen. 

 

Wurde ihr Interesse geweckt?

Wir laden Sie ein, Ihr kostenloses Prinzipien-Assessment anzufordern! Bei diesem Assessment bewerten wir den Reifegrad der Prinzipienorientierung anhand festgelegter Kriterien. Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, wie gut diese in Ihrer Organisation verankert sind und wo wir gemeinsam Verbesserungen erzielen können! 

Kontakt

Janek Hergenröder

Consultant, Implementation and PM Strategy

Kai Wilhelm

Senior Manager | Head of Implementation and PM Strategy