Tatsächlich wird Citizen Development seitens der IT oftmals recht kritisch gesehen: Zu gross ist die Angst vor Wildwuchs, zu präsent sind die Erfahrungen mit dezentraler Softwareentwicklung auf Basis von Legacy-Systemen, durch die Anwendungen zu Hunderten unkontrolliert aus dem Boden schossen.
Doch dank der technologischen Weiterentwicklung ist diese Angst unbegründet. Die Einführung einer modernen, cloudbasierten Low-Code-Plattform eröffnet nämlich auch in Sachen Governance völlig neue Möglichkeiten. Wie sich das nutzen lässt, zeigt etwa dieser Artikel. Richtig aufgesetzt, wird die Plattform transparent und Lösungen sind kontrollierbar. Das löst viele schon länger bestehende Probleme.
Entscheidend dabei ist, dass im Rahmen der Governance auch geklärt wird, wo die Grenzen des Citizen Developments liegen – nicht, dass ein Business User auf die Idee kommt, ein kleines eigenes ERP zu errichten. Letzten Endes gilt es also für die IT, geeignete Leitplanken zu setzen und diese den Citizen Developern nachvollziehbar zu vermitteln, um Schatten-IT zu vermeiden. Dabei sind neben Effizienz und Transparenz auch Sicherheit, Compliance und Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. So schafft die IT einen geeigneten Rahmen, in dem die Fachkolleginnen und -kollegen handeln können.
Moderne Low-Code-Werkzeuge wie die Microsoft Power Platform, die sich auch in Microsoft Teams integrieren lässt, sind zwar sehr intuitiv in der Nutzung. Trotzdem müssen die künftigen Citizen Developer von der IT angesprochen, überzeugt, trainiert und motiviert werden. Geeignete Massnahmen für das Adoption und Change Management sorgen dafür, dass Mitarbeitende eigene Lösungen entwickeln können. Dabei schaffen Aktionen wie der Aufbau von Communities, die Durchführung von Trainings, Hackathons oder Acceleratoren ein lang anhaltendes Momentum, so dass die Massnahmen nicht nach wenigen Monaten wieder verpuffen. Erfahrene Partner können helfen, die richtigen Massnahmen zu konzipieren und umzusetzen.
Mit der Befähigung der Citizen Developer hat die IT einen enormen Hebel in der Hand, um über die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinaus zu skalieren und so die Digitalisierung im gesamten Unternehmen voranzutreiben. Allerdings muss dieser Hebel auch genutzt werden. Der alleinige Fokus auf das Setzen technischer Leitplanken reicht hierzu nicht aus.
Citizen Development bedeutet letztendlich auch, ambitionierten Anwendenden Vertrauen zu schenken und ihnen neue Möglichkeiten zu eröffnen. Dazu ist häufig ein Umdenken in der IT nötig. Dies betrifft nicht nur die Art und Weise, wie im Unternehmen Software bereitgestellt wird, sondern auch das eigene Rollenverständnis: Die IT muss sich von einer reinen Dienstleisterin des Business hin zur Gestalterin und zum Enabler entwickeln.
Als Enabler stellt sie geeignete Technologien bereit, damit andere Bereiche die digitale Transformation vorantreiben können. Sie muss die Fachbereiche in die Lage versetzen – also „enablen“ –, diese Technologien entsprechend der Governance zu nutzen. Dann braucht sie nicht mehr alles selbst zu erledigen und kann gemeinsam mit den Abteilungen die Grundlage für Innovationen schaffen.
Sie muss ausserdem als Partner für das Business agieren, wenn komplexere Lösungen umzusetzen sind, und mit dem Fachbereich in „Co-Creation“ gehen: Im Rahmen von Fusion Development wird dann zusammen mit den Fachbereichen an professionellen Lösungen gearbeitet. Erfahrene Softwareentwickler implementieren Komponenten, die Citizen Developer anschliessend nahtlos in ihren Werkzeugen nutzen können.