Remote-Zugänge, Collaboration-Tools, Business-Apps: Die Technik steht, trotzdem klappt es nicht so recht mit New Work? Dann sollte die Unternehmenskultur Schritt für Schritt weiterentwickelt werden. Gezieltes Change Management hilft dabei.
Remote-Zugänge, Collaboration-Tools, Business-Apps: Die Technik steht, trotzdem klappt es nicht so recht mit New Work? Dann sollte die Unternehmenskultur Schritt für Schritt weiterentwickelt werden. Gezieltes Change Management hilft dabei.
Thomas nutzt gerne die cloudbasierten Apps für seine Arbeit, von Microsoft Teams über Office 365 bis zu den aktuellen Fachanwendungen. Hybrid Work ist damit ohne Probleme möglich – grundsätzlich. Doch nicht alle Kolleginnen und Kollegen chatten, viele rufen weiterhin auf der Büro-Nummer an. Die Führungsebene gewährt nur einmal die Woche Homeoffice. Zahlreiche Prozesse finden noch offline statt. So reicht Thomas seine Urlaube in einer Word-Datei beim Chef ein, anstatt sie schnell in einem Cloud-Tool zu buchen und freigeben zu lassen.
Kein Wunder, dass Thomas vor so vielen alten Gewohnheiten und Regeln kapituliert. Wenn doch alles beim Alten bleibt, kann er ja gleich wieder vollzeit ins Büro zurückkehren. Damit wird klar: New Work kann nur funktionieren, wenn neben den technischen Voraussetzungen auch die organisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen stimmen. Nur dann kann das Unternehmen Fachkräfte halten und langfristig erfolgreich sein.
Tatsächlich begehen viele Unternehmen gängige Fehler, wenn sie digitale Collaboration-Tools einführen. So glauben Führungskräfte häufig, dass mit der Bereitstellung moderner Anwendungen schon die Umstellung auf Hybrid Work gelungen ist. Alles andere entwickelt sich von selbst. Doch das ist falsch. Die Mitarbeitenden fühlen sich oft allein gelassen und wissen nicht so recht, was sie mit den neuen Lösungen anfangen sollen und welche Möglichkeiten sie nun überhaupt haben. Sogar wer sich damit auskennt, ist meist unsicher, welche Funktionen er im Alltag nutzen darf und soll. Und wenn das Team nicht mitzieht, fällt man ohnehin in alte Strukturen zurück.
Daher muss die Einführung von Hybrid-Work-Lösungen mit entsprechenden Weiterbildungsmassnahmen begleitet werden. Hier lauert aber schon die nächste Falle: Viele Unternehmen setzen auf einen Standard für alle Zwecke, etwa Online-Trainings. Doch die Art der Schulungen sollte je nach Bedarf geplant und angeboten werden. Dazu stehen verschiedene Ansätze wie Webinare, Präsenzschulungen, Coachings, Communities oder E-Learning zur Verfügung. Die Entscheidung erfolgt zugeschnitten auf den individuellen Bedarf der Mitarbeitenden, die zu vermittelnden Inhalte und die aktuelle Situation.
Selbst wer verschiedenartige Trainings anbietet, vergisst häufig einen weiteren wichtigen Faktor: die Feedbackschleife. Eine einseitige Kommunikation und Bereitstellung von Tools ist nicht nachhaltig. Zum Beispiel nutzen Mitarbeitende häufig am Anfang begeistert Yammer, doch nach einiger Zeit lässt die Frequenz deutlich nach. So müssen Unternehmen hier auf den konkreten Alltagsbedarf, das Feedback und die Nutzungsrate achten, Funktionen und Prozesse anpassen sowie Impulse für die Nutzung setzen.
Ein nächster Stolperstein ist die unzureichende Einbindung der mittleren Führungsebene in das Change Management. Gerade die direkten Vorgesetzten haben eine enorm wichtige Vorbildfunktion bei den alltäglichen Arbeitsprozessen. Daher sind sie von Anfang an in die Veränderungsmassnahmen einzubinden, um New Work auch im Alltag Schritt für Schritt umzusetzen. Dabei können sie gemeinsam mit ihrem Team entscheiden und der höheren Führungsebene zurückmelden, welche Neuerungen wirklich sinnvoll sind – und welche etablierten Prozesse beibehalten werden sollten.
Jedes Unternehmen muss den aktuellen Status und das gewünschte Ziel ermitteln, um den richtigen Ansatz für New Work zu finden. Zur Einschätzung dienen folgende Reifegrade:
New-Work-Einsteiger nutzen immer noch vorwiegend E-Mail und Telefon für die team- und standortübergreifende Kommunikation. Die Mitarbeitenden sind oft unsicher, welcher Kommunikationskanal in welcher Situation der richtige ist. Steht zum Beispiel die Präsenz auf inaktiv: Darf die Kollegin trotzdem angechattet werden? Zudem kann es grössere Widerstände und Akzeptanzprobleme in der Belegschaft gegenüber neuen Prozessen geben.
Fortgeschrittene Unternehmen besitzen dagegen schon festgelegte oder ungeschriebene Kommunikationsregeln. Die Mitarbeitenden nutzen im Alltag weitgehend selbstständig die je nach Bedarf geeigneten Tools und wissen, wo sie Dokumente und Informationen erhalten und ablegen. Nur noch wenige sträuben sich gegen New Work.
Vorreiter haben schon klare Vorstellungen davon, wie hybride Arbeitsweisen aussehen. Dazu gehören eine entsprechende Führungsorganisation sowie geeignete Vorgaben zu Arbeitsort und Arbeitszeitmodellen. Wer heute schon effizient künstliche Intelligenz einsetzt, um die Arbeitsprozesse zu analysieren und zu optimieren, gehört ebenfalls in diese Kategorie.
Je nach Reifegrad empfehlen sich unterschiedliche Massnahmen. Dabei haben sich in der Praxis meist folgende Schwerpunkte gezeigt.
Den Start in New Work erleichtern häufig Multiplikatoren. Denn Mitarbeitende nehmen in der Regel leichter Erfahrungen und Tipps von Kolleginnen und Kollegen an als von IT-Experten oder der Geschäftsführung. So sollten Unternehmen bereits zu Beginn des Projekts eine Multiplikatoren-Community aufbauen. Dabei werden im ersten Schritt Champions in den Fachabteilungen ausgebildet, die ihr Wissen an wichtige Team-Mitglieder weitergeben, etwa besonders erfahrene oder beliebte Kollegen. Diese Multiplikatoren übertragen ihr Know-how – angepasst an die alltäglichen Arbeitsprozesse – wiederum an das restliche Team. Dabei tauschen die Multiplikatoren regelmässig untereinander ihre Erfahrungen aus.
Die Führungskräfte sind von Anfang an einzubinden. Sie erhalten Vorab-Informationen und Tipps, wie sie ihr Team auf dem Weg zu New Work unterstützen können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen dann ihre Fragen an den direkten Vorgesetzten oder an Team-Mitglieder statt HR, IT oder Chefetage. Dies erleichtert die Kommunikation und senkt Hemmschwellen, so dass sich Mitarbeitende trauen, auch einfache und praxisbezogene Fragen zu stellen.
Um das Digital Mindset zu verbessern, bietet sich eine Community für Führungskräfte an. Denn im Alltag stehen sie vor so manchen praktischen Herausforderungen: Wie geht man damit um, wenn manche Team-Mitglieder wieder komplett ins Büro zurückkehren wollen, andere gar nicht und wieder andere nur tageweise? Wie sind die Erfahrungen der anderen Teams und Fachabteilungen?
Zur Verbesserung oder schon zur Einführung von New Work können Unternehmen anhand so genannter Personas –standardisierter Nutzertypen – konkrete Use Cases entwickeln. Die bislang allgemeine Befähigung zum Einsatz der Tools wird durch teamspezifisches Know-how ergänzt. In diesem Reifegrad wird häufig die Führungsorganisation verändert, um flache Hierarchien und eine moderne Fehlerkultur einzuführen.
Die iterativen Veränderungen lassen sich kontinuierlich fortsetzen. Vorreiter möchten derzeit häufig ihre Meeting-Kultur optimieren. Während reine Präsenz- oder Online-Meetings kein Problem mehr darstellen, führen Hybrid-Meetings zu Herausforderungen. Doch in Zukunft wird es normal sein, dass sich mehrere Teilnehmende im Konferenzraum und andere im Homeoffice befinden. Auch zur Reduzierung der Zeit, die in Besprechungen verbracht wird, sind die richtigen Lösungen wie Fokuszeit oder meetingfreie Tage einzuführen. Spezielle Anwendungen erleichtern das Buchen von Räumen, Arbeitsplätzen oder das Gebäudemanagement.
Wichtig ist darüber hinaus das Thema Employee Experience. Unternehmen sollten die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden mehr in den Fokus stellen. Dabei geht es unter anderem um die Work-Life-Balance, die Unterstützung in besonderen Lebensphasen oder die Weiterbildung in Zukunftsfelder. Nur wer die Mitarbeitenden umfassend betreut und ihre individuelle Situation berücksichtigt, wird Fachkräfte auf lange Sicht halten können.
In der Firma von Thomas hat sich die Unternehmenskultur mit Hilfe der begleitenden Change-Management-Massnahmen deutlich verändert. Er kann nun jederzeit im Homeoffice bleiben, zusammengearbeitet wird über Microsoft Teams und selbst Hybrid-Meetings funktionieren gut. Diese Flexibilität schätzt er sehr, doch führt sie wiederum zu einem Dilemma: Einerseits möchte er im Homeoffice arbeiten, um sich Fahrzeit zu sparen und zwischendurch Zeit mit seinen kleinen Kindern zu verbringen. Andererseits will er aber auch die Kolleginnen und Kollegen regelmässig persönlich treffen.
Letztlich kann nur er selbst gemeinsam mit dem Vorgesetzen und dem Team die optimale Lösung finden. Denn wenn man schon mal ins Büro fährt, sollten natürlich möglichst viele Leute da sein. Hier helfen spontane Absprachen oder festgelegte Pläne – zum Beispiel in Microsoft Teams. Gerade der persönliche Kontakt ist enorm wichtig. Er fördert die emotionale Bindung an das Team und das Unternehmen.